Noch mehr aus der Wortspielhölle

Kamila ist Polin und erst seit Kurzem in den USA, ihr Englisch ist nicht immer ganz sicher. Sie lernt in einer Kneipe einen Typen kennen, der sie fragt, warum sie hier ist. Sie sagt nicht die Wahrheit, sondern:

Instead she says, „I on my honey month“, and hopes she rememberes the word correctly.
„Your honey month? You mean honeymoon?“ She glances down, embarrassed. She notices the man’s nails, bitten down to the quick.
„Honey month, huh? I barely lasted a week when my ex-wife and I flew down to St. Thomas. God knows what an entire month would have done! We‘d have probably flown back with divorce papers ready. It would have saved us a few years.“

Hm! Zwar gibt es das deutsche Wort „Honigmond“, aber das wird, glaube ich, so wenig benutzt, dass „Honigmonat“ wirklich zu sehr an den Haaren herbeigezogen klingt. Also was mit Flitterwochen oder Hochzeitsreise. Die Flitterwochen sind im Deutschen sowieso immer Plural – ich habe kurz überlegt, ob ich sie in den Singular setze, „Ist meine Flitterwoche“, dann könnte er sagen, dass er auch nur eine Flitterwoche hatte und dann halbwegs wörtlich weiterübersetzen. Oder sie sagt halt „Flittermonat“. Gefällt mir aber beides nicht so richtig, im Moment ist das meine Lösung:

Stattdessen sagt sie: „Mache ich hier Flatterwochen“, und hofft, dass sie sich das Wort richtig gemerkt hat.
„Flatterwochen? Sie meinen Flitterwochen?“ Sie schaut betreten nach unten. Seine Fingernägel sind abgekaut bis zum Rand.
„Flatterwochen ist gut. Ich war mit meiner Exfrau damals nur eine Woche in auf St. Thomas, aber die Flatter habe ich erst ein paar Jahre später gemacht. Hätte ich mal früher drauf kommen können, das hätte uns ein paar Jahre erspart.“

Weiß noch nicht, wie happy ich damit bin. Oder ob ich doch noch auf „Flitterwoche“ oder „Flittermonat“ gehe.

20 Kommentare

  1. Anne Donnerstag, 6. Dezember 2012 um 14:08 Uhr [Link]

    Ich find’s eigentlich gut. Ich glaub, du hast da jetzt einfach schon zu lange dran rumgedacht, und bist jetzt überkritisch.

  2. Elvira Veselinovic Donnerstag, 6. Dezember 2012 um 14:37 Uhr [Link]

    Mir gefällt es auch sehr gut. Wäre ich noch bei flattr, ich täte es glatt flattrn.

  3. frenja Donnerstag, 6. Dezember 2012 um 14:44 Uhr [Link]

    Ist doch super! Sehr elegant gelöst.

  4. ichichich Donnerstag, 6. Dezember 2012 um 15:18 Uhr [Link]

    Kann mir kaum eine bessere Lösung vorstellen. Aber müsste es nicht „auf St. Thomas“ heißen?

  5. Isabel Bogdan Donnerstag, 6. Dezember 2012 um 15:49 Uhr [Link]

    Zwei Seiten später ist sie mit ihm nach Hause gegangen:
    „The sex is strange and surprising. Kevin is in turn rough and tender, […]”
    „Kevin ist abwechselnd hart und herzlich“ ist nur so eine mittelgute Idee, hm? Hihi.

    • Stephan Donnerstag, 6. Dezember 2012 um 19:01 Uhr [Link]

      Da schwingt bei mir als 80er-Vorabendseriengucker zu viel Hart aber herzlich mit, während der Engländer vielleicht sogar an Romeo denkt: «Is love a tender thing? it is too rough,…».

    • Stephan Donnerstag, 6. Dezember 2012 um 19:10 Uhr [Link]

      hart/zart, ruppig/zärtlich, Ficken/Blümchensex (Hast Du eigentlich den Wacken-Marsch schon mal einbauen können? Gibt es Signaturphrasen, die man als Übersetzerin absichtlich (!) in jedes Buch einschummelt?)

    • Isabel Bogdan Donnerstag, 6. Dezember 2012 um 19:13 Uhr [Link]

      Waaahahaha! Kommt mal alle her und guckt euch das an: ich habe einen Fernsehwitz gemacht, und Stephan erklärt ihn mir! Das ist wirklich das Lustigste, was heute passiert ist. Gnihihihi.

    • jubil Freitag, 7. Dezember 2012 um 10:52 Uhr [Link]

      Der Sex ist ungewohnt und ungewöhnlich. Kevin ist mal hart, mal zart.

  6. Translator Bee Donnerstag, 6. Dezember 2012 um 16:18 Uhr [Link]

    Die Lösung mit ‚Flatterwochen‘ finde ich ebenfalls äußerst gelungen und sehr schön! Statt ‚Rand‘ für ‚quick‘ vielleicht besser ‚Nagelbett‘ nehmen.

  7. Elfe Donnerstag, 6. Dezember 2012 um 16:23 Uhr [Link]

    Wobei, naja, … der letzte Satz passt dann doch gar nicht ins Gespräch, weil in den Flatterwochen ja die Zeit nicht drin steckt. – Erklärt das dein Unbehagen?
    Ich finde den Honigmond – Honigmonat ja hübsch; und ich habe schon öfters festgestellt, dass diejenigen, die deutsch als Fremdsprache gelernt haben, einen poetischeren Wortschatz haben als die Alltagsdeutschen. ;-) Da würde ich Kamila so ein Wort schon zugestehen.
    Aber vielleicht sehe ich das auch nur so, weil ich den Originaltext kenne; den haben deine Leser später ja nicht danebenliegen.
    Herzliche Grüße ohne Härte!

  8. pamela Donnerstag, 6. Dezember 2012 um 17:17 Uhr [Link]

    mir gefällt die flitterwoche im singular besser, weil mir die phrase »die flatter machen« eher ungebräuchlich und vor allem sehr regional vorkommt. müsste doch auch funtionieren, oder? »Flitterwoche ist gut. Ich habe mit meiner Frau damals kaum eine Woche durchgehalten … « etc. pp. das bewahrt zumindest die idee der falsch erinnerten zeitdauer.
    rough and tender – hart und zärtlich?

  9. birgit Donnerstag, 6. Dezember 2012 um 18:25 Uhr [Link]

    ich fände „flittermonat“ schöner, auch weil es den ort des fehlers aufnimmt – in „honeymonth“ hat sie ja den ersten teil des wortes richtig erinnert (und nicht nur einen buchstaben verdreht).

    zudem liegt ihr fehler in der länge der zeit (month statt moon), und genau darauf bezieht sich ja auch seine antwort, daß bei einem monat er schon mit scheidungspapieren nachhause gekommen wäre.

  10. percanta Donnerstag, 6. Dezember 2012 um 20:41 Uhr [Link]

    Ich hab erst die Übersetzung gelesen und würde sie genau so stehen lassen. (Nach Lektüre des Originals immer noch.)

  11. wiycc Freitag, 7. Dezember 2012 um 00:13 Uhr [Link]

    Ich finde die Flatter sehr schick, wenn das auch sonst zu seinem Sprachstil paßt.
    Weiter unten: hart und zart oder stürmisch und zärtlich?

  12. lihabiboun Freitag, 7. Dezember 2012 um 15:05 Uhr [Link]

    mal grob, mal zärtlich?

  13. Isabel Bogdan Freitag, 7. Dezember 2012 um 17:04 Uhr [Link]

    Hihi. Danke Euch allen! Das mit „hart aber herzlich“ hatte ich nur so aus Spaß noch geschrieben.

  14. worange Freitag, 7. Dezember 2012 um 20:43 Uhr [Link]

    Es könnten auch die Flitzerwochen sein, und er kann dann anmerken, dass er gern schon eher weggeflitzt wäre.
    Aber die jetzige Übersetzung ist doch sehr schön. Ob der Ort des Fehlers gleich ist, finde ich nicht so relevant. Der Leser des Deutschen kennt ja das Englische nicht.

    • Isabel Bogdan Samstag, 8. Dezember 2012 um 13:41 Uhr [Link]

      Hihi, bei „Flitzer“ sehe ich sofort jemanden nackt über ein Fußballfeld flitzen.

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