Zum unterschiedlichen Verteilungsschlüssel Taschenbuch – Hardcover:

Ich habe keine Ahnung vom Buchgeschäft, aber mit einer Designerbrille oder Designerjeans ist es so: Sie kostet in der Herstellung etwa doppelt so viel wie die Billigbrille, kann aber für das Zehnfache verkauft werden (Marketingkosten kommen natürlich noch dazu). Insgesamt ist also der Ertrag höher (Preis abzüglich Kosten), es kann mehr verteilt werden. Diesen höheren Preis zu erzielen schafft aber nicht jeder, deswegen werden nur die erfolgversprechenderen Bücher als Hardcover in den Markt gebracht. Vielleicht kommt hier später noch ein Verlagsmensch vorbei, der meine Erklärung bestätigt oder eine bessere anzubieten hat.

Daß den Konsumenten die Kultur so wenig wert ist kann ich nicht mehr hören. Es stimmt einfach nicht. Buchneuerscheinungen kosten gerne mal 25 Euro. Meine Frau liest die meisten Bücher an einem Tag aus, ich brauche etwas länger. Das ist kein billiges Vergnügen. Auch neue CDs kosten 17 Euro, wenn nicht direkt ein neuer Saturn- oder Mediamarkt-Prospekt erscheint. Das ist in meinen Augen nicht wenig Geld.
Das „Problem“ sind die Autoren und Künstler, die so scharf darauf sind, ihre Kunst herauszubringen, daß sie über einen längeren Zeitraum bereit sind, mit einem sehr geringen Einkommen zu leben, entweder in der Hoffnung, bald groß herauszukommen, oder weil ihnen das Leben als Künstler so viel wert ist, daß sie es so akzeptieren, wie es ist. Vielleicht gibt es Möglichkeiten, diese Künstler über eine Kulturflatrate zu subventionieren. Aber das bedeutet auch einen gewissen bürokratischen Aufwand, der dem Künstlerleben entgegensteht. Soll dann ein Musiker Auftrittsverbot bekommen, weil er nicht in der Künstlerkasse ist? Darf er dann nicht umsonst in einer Kneipe auftreten, auch wenn er (oder sie) es einfach will, allein um des Erlebnisses willen? Oder hat jemand Lust,
Mit den Übersetzern ist es leider ähnlich. Wer zwingt einen Übersetzer dazu, als ebensolcher zu arbeiten? Übersetzer können mehr verdienen, wenn sie einen größeren Anteil am Umsatz kriegen. Wer ist dann bereit, von seinem Anteil abzugeben? Der Autor? Der hat ja selbst nicht viel. Der Verlag? Können die das? So weit ich weiß, brauchen die die Einnahmen der Erfolgsbücher, um die anderen mit durchzuziehen. Das Problem ist also auch hier ein Überangebot. Ich will hier nicht rumtrollen, ich würde mich freuen, wenn Leute, die ihre Arbeit gut machen, auch angemessen bezahlt werden. Aber die Selbstausbeutung gut ausgebildeter Menschen halte ich nicht für das größte Problem. Da sehe ich bei abhängig Beschäftigten ein größeres. Was z.B. Ergotherapeuten verdienen ist auch ein Witz, und die haben häufig auch noch 6000,- € pro Jahr Schulgeld bezahlt.

In einem Artikel, den ich leider nicht mehr finde, sprach die Verfasserin auch das Problem an und bezog sich auf Katja Kullmann. Sie sprach am Ende davon, daß sie keine professionellen Schriftsteller kennt, genauso wenig, wie sie professionelle Lottospieler kennt. Wenn ich den Artikel finde, komme ich nochmal zurück.

Dieter