Kim Leine (Ursel Allenstein): Die Untreue der Grönländer

Das Buch war mir schon aufgefallen, als ich letztes Jahr in meiner Lieblingsbuchhandlung übernachtet habe. Hübsches Cover, vielversprechender Titel. Damals habe ich reingelesen und es sofort auf meinen Wunschzettel gesetzt. Und dann bekam Ursel Allenstein für dieses Buch im Winter den Hamburger Förderpreis für literarische Übersetzungen, da musste ich es natürlich erst recht lesen.

Wow. Großartiges Buch. Allerdings ein komplett irreführendes Cover, denn niedlich ist daran nun wirklich gar nichts. Es ist vielmehr ein ziemlich hartes Leben in dieser Siedlung an der Küste Grönlands. Da wird geprügelt, gestorben, gesoffen und betrogen, es wird gejagt, gefeiert, geliebt und gelacht. Manche erfrieren im Eis, manche werden in ihren undichten Häusern krank, manche werden von umherfliegenden Dingen im Sturm erschlagen, manche sind plötzlich schwanger, viele trinken, manche spielen Fußball. Alle arbeiten und werden mal krank und haben ihre Macken und ihre liebenswerten Seiten; und untreu, untreu sind sie auch. Alle zeigen sich, wie es im Klappentext so schön heißt, „wenig beeindruckt von dem ewigen Kreislauf aus Fortpflanzung, Geburt und Tod“.
Wir bekommen die Bewohner dieser Siedlung in lauter einzelnen Geschichten vorgestellt, und mitten drin ist immer Jesper, der dänische Krankenpfleger, der für ein Jahr in der Siedlung ist und sein Bestes tut. Aber alles kann er halt auch nicht, und wenn Schneesturm ist, fliegt kein Flugzeug und kein Hubschrauber, dann kommt kein Arzt, und niemand kann ins Krankenhaus gebracht werden. Dann muss der Pfleger eben selbst zusehen. Das ist nicht immer schön, manchmal sogar ausgesprochen unschön, aber an schönen Momenten fehlt es glücklicherweise auch nicht.
Was für ein Buch! Mit einer ganz eigenen Stimmung und sehr eindrücklichen Charakteren. So ein Buch, von dem noch lange Bilder und Stimmungen zurückbleiben. Heißer Anwärter auf das Buch des Jahres. Lesen!
Kim Leine bekommt einen Regalplatz zwischen Harper Lee und Mariana Leky.

Kim Leine (Ursel Allenstein): Die Untreue der Grönländer. 336 Seiten. Mare, 22,00 €.
Ab August als Taschenbuch bei Suhrkamp mit unfassbar hässlichem Cover für 9,99 €. Anscheinend nicht als E-Book. Ich an Eurer Stelle würde schnell das Hardcover kaufen! Das mag irreführend sein, aber wenigstens sieht es nett aus. Und guckt mal, wie hübsch die Übersetzerin auf dem Titel steht!

4 Kommentare

  1. rokkn Dienstag, 28. Februar 2012 um 08:35 Uhr [Link]

    hej, endlich treffe ich mal dieses wahnsinnsbuch! also eine, die es auch gelesen hat, klar. mein freund und ich habens verschlungen, so ein cooles & amüsantes & wildes buch, so nüchtern schön geschrieben! weisst du alles, okeh. dann einfach nur: schöne grüsse undn kompliment fürn blog.

  2. Jennie Dienstag, 28. Februar 2012 um 08:38 Uhr [Link]

    … wollte grad sagen – ich trau meinen Augen ja kaum. Da steht einfach „Übersetzt von …“ Auf. Dem. Cover. Whoa. Schöne Sache.

  3. Maximilian Buddenbohm Dienstag, 28. Februar 2012 um 08:45 Uhr [Link]

    Dafür steht bei Amazon der Name der Übersetzerin nicht bei den üblichen Buchangaben. Auch erstaunlich. Na, irgendwas ist immer.

  4. andie Sonntag, 21. Oktober 2012 um 00:56 Uhr [Link]

    Jetzt wäre langsam mal wieder Zeit dieses Buch zu lesen, es ist ja wahrlich kein Sommerbuch!
    Gibt es jetzt auch mit einem anderen Cover, gestalterisch schlechter und inhaltlich auch nicht viel besser passend, als günstiges Teschenbuch.

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